picture composition

Musik!

Man sollte nicht immer gleich psychologisieren, wie unsere  Gärten wären, wenn sie ein Spiegel unserer Seele wären: wohlsortiertes Koniferen-Rauschen, Terrazzo-Platten, Rasenmäher-Abgründe, in sich gekehrte rabattierte Blumen, hängende Geranien (wenn es welche sind), Stockrosen, frisch figurierte Bäume – mit der elektrischen Heckenschere wird jeder zum Frisör oder Bildhauer – all dies: irgendwelche Traum-Symbole für die Seele – man möchte die Menschen sehen, die hier wohnen und das Paradies gestalten, oder lieber doch nicht! – Ich weiß schon, was du sagen willst: Gärten sind billige Anlässe für Dada-Manifeste oder Pathologie, fürs Ironisieren oder Selbstironisieren. – Aber das meine ich nicht! – Sondern zum Beispiel die Zen-Tradition: wo Gärten (oder Bilder von Gärten) ein Notat sind für die reine Leere sozusagen in Japan. Und John Cage ist dort extra hingefahren in seiner immerwährenden Lecture on Nothing und hat diese Zen-Gärten zu ikonischen Partituren für seine Neue Musik gemacht und so wieder eine Hoffnung eingepflanzt in die Erde. – Pathos! –  Anders kann ich es nicht sagen. Macht jetzt Musik zu diesem Foto!

Rainer Totzke

Music!

It is not always a good thing to analyse what our gardens would be like if they were the mirror of our souls: well-stocked swathes of conifer, terrazzo paving slabs, lawn-mown chasms, drooping discount flowers, hanging geraniums (if that’s what they are), hollyhocks, freshly pruned trees – with the electric hedge cutter, everyone’s a hairdresser or sculptor – all these dream-like symbols for the soul. One wants to see the people that live here, the creators of paradise, or perhaps not? I know what you’re going to say: Gardens are cheap opportunities for Dada manifestos or pathology, for irony or self-irony. – But that’s not what I mean! – Instead, for example the Zen tradition, where gardens (or pictures of gardens) are an annotation for pure emptiness in Japan. And John Cage went there especially for his never-ending Lecture on Nothing and made these Zen gardens into iconic scores for his New Music and in doing so planted hope into the earth again. – Pathos! – I can’t express it any other way. Now make some music for this photograph!

Rainer Totzke

Bildaufbau eines Gartenbildes

Im Vordergrund ist eine Terrasse zu sehen, die mit hellen Steinplatten angelegt wurde. Im rechten Teil des Bildes steht eine hoch gewachsene Zypresse, die die Vertikale des Bildausschnittes bestimmt. In einer horizontalen Linie laufen die Querstreben einer, aus Holz bestehenden Pergola durch das Bild. Ein ovales Blumenbeet ist mit einem rosa blühendem Rosenstock, verschiedenen Immergrünpflanzen und zwei kleinwüchsigen Zypressen bepflanzt. Dieses Beet umrandet den Blick auf den hinteren Teil des Gartens. Der hintere Teil besteht aus einem Erdbeet, einer Wiese mit Obstbäumen und hochgebundenen Beerenstauden. Es ist ein Nutzgarten.
Eine Hängeampel, mit rosafarbenen Geranien ist direkt über die mittlere Zypresse gehängt worden und unterstreicht die Trennung vom vorderen Terrassenteil zum hinten liegenden Nutzgarten. Die Farben der wenigen Blumen sind in der unteren Höhe rot und weiß, höher wachsende oder gehängte Blumen sind rosa. Die Bäume, Sträucher und die Wiese variieren in ihren Grünabstufungen. Es gibt nichts, was diesen sorgfältig angelegten Gartenblick stört. Der Rasen ist gemäht. Welke Blätter sind beseitigt.
Die Diafotografie zeigt nur diesen, in Szene gesetzten Blick. Ein Arrangement einer häuslichen Harmonie. Ein fehlerfreier und vermutlich sorgenfreier Ausblick auf eine gestaltete Umwelt. Die Diafotografie ist auch eine Dokumentation jenes Gefühls, einen erreichten Augenblick einer selbst geschaffenen Harmonie wiederzugeben. Die Blumenampel hängt richtig, der Rosenstrauch blüht, das Frühsommerlicht fällt vom Süden in den Garten, ohne tiefere Schatten zu werfen.

Birgit Szepanski

Composition of a garden image

In the foreground, a terrace can be seen, which has been paved with light-coloured stones. In the right-hand area of the picture, there is a tall cypress tree that establishes the vertical of the picture composition. In a horizontal line, the cross struts of a wooden pergola run through the photograph. In an oval flowerbed, a rosebush with pink blossoms, various evergreen plants and two small cypresses are planted. This bed frames the view onto the rear area of the garden. The rear area consists of an earth bed, a lawn with fruit trees and tied berry bushes. It is a kitchen garden.

A hanging basket with pink geraniums has been hung directly in front of the centre cypress and emphasizes the separation between the foreground area of the terrace and the kitchen garden towards the rear. The colours of the few flowers low down are red and white; the ones that grow higher or are hanging are pink. The trees, bushes and the lawn vary in their shades of green. There is nothing that disturbs the eye in this carefully arranged garden view. The lawn has been mowed. Wilted leaves have been swept away.

This slide only shows this staged view. A composition of domestic harmony. A flawless and probably carefree view onto an arranged environment. This slide is also a documentation and reproduction of that feeling of a moment’s harmony, attained on one’s own. The hanging basket is hanging correctly, the rosebush is in blossom, the early summer light falls at a southerly angle without throwing deep shadows.

Birgit Szepanski