performance

Parallelprojektion

Das Licht, die Schatten, die Farben. Dieses Foto ist gestellt. Dieses Foto ist natürlich gestellt und arrangiert. Erotik ist immer arrangiert.
Man kann sich in dieses Foto hineinphantasieren: ob die Frau sich das Nachthemd gerade überstreift oder auszieht, ob der Mann schläft dabei, oder nur so tut, als ob er schläft, ob sie weiß, dass er nur so tut, ob er weiß, dass sie weiß, dass er nur so tut, ob es ein altes, in Kichern und Küssen sich auflösendes Spiel ist zwischen den beiden und die Bettdecken wegrutschen werden gleich danach wie immer beim Sex – und ob die Fotografin auch dann noch dabei stehen wird im Türrahmen und weiter fotografiert, und ob auch dies Teil des erotischen Spiels, des Arrangements ist zwischen den dreien, weil die Fotografin zum Beispiel die beste Freundin sein könnte des Mannes und der Frau, nun ja, und was dann weiter geschieht wäre ebenso offen… Und man kann sich auch in die Situation hineinprojizieren, in der das so entstandene Dia dann selbst wiederum benutzt wird in diversen erotischen oder sexuellen Praktiken – vorzugsweise zu Hause natürlich. – Zum Beispiel sich Freunde einladen und eine Diashow zum Thema Eros und Kitsch machen, und sich einfach mal darüber austauschen ganz offen, was man erotisch und was kitschig findet und was nicht, so wie früher. Oder dann doch lieber intimer den Diaprojektor nur zu zweit benutzen und dieses Dia an die gegenüberliegende Schlafzimmerwand werfen, und sich im Lichtkegel selber sehen und lieben, so wie andere es im Spiegel tun. Oder für später, wenn wir älter sind, aufheben, zur Erinnerung. Oder das Dia bei Ebay verkaufen.
Es gibt immer einen Ausweg.

Rainer Totzke

Parallel projection

The light, the shadows and the colours reveal that this photograph is posed. It must have been planned and contrived. Eroticism is always contrived.
You can project your fantasies onto this photograph: is the woman slipping her nightdress on or off? Is the man asleep or just pretending to sleep? Does she know that he is just pretending, or does he know that she knows he is just pretending? Is it a familiar game between the two that will dissipate into giggles and kisses, where the bed covers will slip off soon afterwards as they always do during sex – and will the photographer then continue to stand in the door and take photographs? Is it part of an erotic game arranged between the three because the photographer, a woman, happens to be the couple’s best friend and what happens next has been left open…? You could also project yourself into this situation, using the slide for your own erotic or sexual habits – preferably at home, of course. For example, you could invite friends over and give a slideshow on the theme Eros and Kitsch, a lead-in to a very frank discussion about what you all find erotic and kitsch and what not, like people used to in the past. Or perhaps you would rather use the slide projector, just the two of you, and project this slide onto the opposite bedroom wall, standing and making love in the circle of light, like others do in the mirror. Or later, when you are older, keep it as a memory. Or sell the slide on ebay.
There is always a way out.

Rainer Totze

Szenografie

Diese Fotografie inszeniert erotische Motive. Sie sind im Detail angelegt, in der Auswahl der zusehenden Gegenstände, in Lichteffekten, in den Falten der weißen Bettdecke, in der halbangedeuteten leeren Fläche des Bettes, in dem über den Kopf gezogenen Nachthemd, in seinem flüchtigen Schattenbild an der Wand.
Die Fotografie legt einen Rahmen an, in der private Erotik ausgemalt werden kann. Der Rahmen und die, in ihm enthaltene Inszenierung ist für die frühen 1970er Jahre bestimmt, in der es weiße Möbel in Hotel- und Privatschlafzimmern gab, in der kleine, rote Wandschirmlampen einen fremdländischen Flair akzentuierten.
Der Wecker ist auf zwanzig Minuten nach elf Uhr gestellt, eine Zeit, in der Phantasien beginnen dürfen. Der Rosenkopf in weißer Vase korrespondiert mit den Lampen, setzt eine Farbgeste, die im Hellweiß des belichteten Raumes eingefügt ist wie ein Ausrufungszeichen, eine vergegenständlichte Geste, Aufruf zur Stimulanz.
Der Schlafraum ist mit mehren Lichtquellen ausgeleuchtet. Schattenbilder von dem über den Kopf gezogenen Nachthemd, von den Lampenschirmen bilden sich auf der Wand und auf dem Bett ab und inszenieren eine dritte Körperlichkeit im Raum.
Im Nebeneinander und der Gleichzeitigkeit dieser szenischen Effekte, durch die Typisierung des Paares entsteht ein anonymer Einstieg, eine imaginäre Tür für jenen Betrachter, der in diese Bild-Inszenierung eintauchen will.

Birgit Szepanski

Scenography

This photograph stages erotic motifs. They have been set up in detail in the choice of the objects visible, the lighting, the creases in the white bed cover, the half-suggested empty space of the bed, the nightdress being pulled over her head and the fleeting shadow on the wall.

This photograph sets up a frame in which private eroticism can be painted. The frame and the performance it contain belong to the early 1970s when white furniture in hotels and private bedrooms was common and when small, red shaded wall lamps emphasized an exotic ambience.

The alarm clock is set to twenty minutes past eleven: a time when fantasies are allowed to begin. The rose head in the white vase corresponds to the lamps, suggesting a nuance of colour in the brightly lit, bright white room like an exclamation mark, a hypostasized gesture or evocation of stimulation.

The bedroom is lit by several light sources. Silhouettes from the nightdress being pulled over the woman’s head made by the wall lamps, form on the wall and the bed and stage a third presence in the room.

In the juxtaposition and simultaneity of these dramatic effects, and the typecast of the couple, an anonymous entrance is created, an imaginary door for any observer that would like to plunge into this image-scenography.

Birgit Szepanski